Fluch und Segen – Das neue Belegstellengesetz für Sachsen

Am 29. Juni 2018 hat der sächsische Landtag nun das „Gesetz zum Schutz von Belegstellen für Bienen im Freistaat Sachsen“ ohne die Stimmen der Grünen (Enthaltung) und der Linken (Gegenstimme) verabschiedet. Ich selbst begrüße, dass wir ein Belegstellengesetz haben und freue mich, dass es möglich war den Schutzradius noch von 7 km auf 7 – 10 km zu erhöhen. Dennoch überwiegt das Gefühl, dass hier halbherzig und ohne Sachverstand eilig ein Punkt des Koalitionsvertrages erfüllt werden musste. Wie komme ich zu dieser Aussage? Es gibt mehrer Punkte, die im Gesetz, trotz dem im Vorfeld darauf hingewiesen wurde, keine Beachtung fanden. Lasst mich die meiner Meinung nach wichtigsten drei Punkte kurz vorstellen. Der wichtigste Punkt ist der Schutzradius um die Belegstellen. Die wissenschaftliche Literatur ist sich heute einig, dass abhängig von der Topographie ein Schutzradius von mindestens 10 km nötig ist, um eine hohe Reinheit der Anpaarung zu erreichen. Königinnen fliegen bis zu 12 km, um eine Paarung mit Drohnen aus dem eigenen Volk zu vermeiden. Aber auch die Drohnen fliegen eine beachtliche Strecke von bis zu 8 Kilometern. Wenn man sich nun einen Schutzradius von 7 Kilometern vorstellt an dessen Grenze die ersten Völker fremder Populationen stehen, dann sieht man schnell, dass deren Drohnen den gesamten Schutzradius der Belegstelle befliegen können, es würde also sogar dann zu Fehlpaarungen kommen können, wenn sich die Königinnen der Belegstelle keinen cm vom Stock entfernt und nur senkrecht auf 10 – 15 Meter aufsteigt, was natürlich unrealistisch ist. Fliegt nun die Königin auch nur eine Strecke von 6 Kilometern (50% von 12 km), dann ist es nicht nur möglich, sondern höchstwahrscheinlich, dass es vermehrt zu Fehlpaarungen kommt. Deshalb haben wir vom Landesverband Dunkle Biene Sachsen dringend einen größeren Schutzradius gefordert, um eine gewisse Paarungssicherheit für die Belegstellen zu erreichen. Er Ruf von Landbelegstellen ist ohnehin nicht der beste, dann brauchen wir eine nach aktuellem Stand der Wissenschaft unsichere Belegstelle auch nicht staatlich schützen lassen. Dieser Kritikpunkt wurde, wenn auch halbherzig in das Gesetz übernommen. Leider fehlt aber ein Hinweis darauf, unter welchen Umständen ein Schutzradius von 7 km oder eben von 10 Kilometern gewährt wird. Mein zweiter Kritikpunkt ist das Fehlen einer Anzahl der Belegstellen im Gesetz. Hier war die Forderung unseres Verbandes die Zahl auf 3 Belegstellen zu begrenzen. Das würde einer Fläche von 942 km2 und damit 5,12 % der Fläche Sachsens entsprechen. Diese Fläche ist Wanderimkern verwehrt und wird nur zur Zucht der jeweiligen Königinnen genutzt. Da wir als Verbände nicht nur die Bienenzüchter, sondern auch alle anderen Imker vertreten, sehe ich es als unser Pflicht an, diese vor einer unverhältnismäßigen Flächennutzung durch die Bienenzucht zu schützen. Unverhältnismäßig deshalb, weil es in Sachsen keinen bedarf für mehr als drei Belegstellen gibt. Die Carnica-Imker (gegenwärtig die größte Gruppe) benötigte in den vergangenen Jahren bis zu 2500 Königinnen, die Buckfastimker und auch wir als Mellifera-Imker werden ebenfalls nicht mehr als 2500 Königinnen benötigen. Diese Anzahl kann aber jeweils auf einer Belegstelle aufgefahren werden. Der letzte Punkt, der von allen Sachverständigen – sowohl denen vom DIB, dem Landesverband Sächsischer Imker, dem Landesverband der Buckfastimker und uns bemängelt wurde, war das deutlich zu geringe Strafmaß bei Zuwiderhandlung in Höhe von bis zu 1000 €. Diese Strafe ist für einen Imker bereits mit wenigen Völkern zu erwirtschaften, wenn im Schutzradius eine verlockende Tracht winkt. Nehmen wir einmal an, wir würden mit 12 Völkern je 30 kg Honigertrag im Schutzradius ernten und diese 360 kg dann zu einem Preis von 5 €/kg veräußern, dann kämen wir auf einen Erlös von 1800 €. Der entstandene Schaden für die Zucht dagegen ist deutlich höher. Gehen wir von 1000 Königinnen aus, die in einem Jahr durch fremde Drohnen nicht sauber angepaart werden konnten, dann beläuft sich der Schaden bei einem Königinnenpreis von nur 20 € auf 20.000,00 €. Hier fehlt es also an jeder Relation und selbst von einer Abschreckungswirkung kann man nicht wirklich sprechen, dabei wäre diese die effektivste Möglichkeit den großen Schutzradius frei von Fremdvölkern zu halten, da eine Kontrolle des 314 km2 großen Gebietes ohnehin fast unmöglich ist. Alles in allem also nicht zu Ende gedacht, leider, denn wir hatten die Chance ein modernes und praxisnahes Belegstellengesetz für Sachsen zu schaffen, was der Landesverband Sächsischer Imker maßgeblich und die Politik fahrlässig verhindert haben. Jetzt ruht unsere Hoffnung auf der noch benötigten Ausführungsverordnung.

Jan Gutzeit

3 Gedanken zu „Fluch und Segen – Das neue Belegstellengesetz für Sachsen

  1. Zum Thema Belegstelle eine Überlegungen :
    Alle reden von Zucht und vom missglückten Belegstellengesetz.
    Aber nun die Frage in den Raum,
    was würde wohl passieren
    wenn ich mitten in Dresden eine
    Belegstelle für eine besonders
    wichtige und seltene Bienenrasse
    ausrufen würde.
    Wir könnten aber endlich alle
    Imker auf Grund des lauten Geschreis
    identifizieren.
    Und wir hätten jede Menge richtige reinrassige Königinnen
    in Dresden aber weniger Bienenvölker dafür.
    Und noch was zur Bienen und Hasenzucht. Aus einem weißen und einem braunen Hasen werden braunweiße Hasen, bei den Bienen ist
    das nicht so. Das ist aber bei der großen
    Anzahl von selbsternannten Züchteninnen und Züchter hoffentlich
    bekannt.

    Tobias Ullmann

  2. Ohne den langjährigen, ehrenamtlichen Engagements des Landesverbandes Sächsischer Imker e. V. konnte ein minimaler Schutz ereicht werden, sonst hätten wir gar keine Paarungssicherheit. Nach Mitteilung von Dr. Büchler besteht bei einem Schutzradius von 7 km eine 90-prozentige Paarungssicherheit. 90 Prozent sind deutlich besser als 0 %

    1. Lieber “LVSI e.V.” vielen Dank für deinen Kommentar. Der bisherige Einsatz der Kollegen des LVSI ist sicher löblich, hat aber nichts mit dem nun verabschiedeten Belegstellengesetz zu tun.

      Des Weiteren ist mir nicht bekannt, wie Dr. Büchner zu dieser pauschalen Aussage kommt, dass eine Paarungssicherheit von 90% gegeben sei. Hierzu müsste man zumindest die Anzahl der aufgestellten Drohnenvölker und die topografische Lage in die Aussage einbeziehen. Außerdem wird in der Arbeit “66. Überprüfung der Paarungssicherheit der Belegstelle Oberhof (Thüringen) mittels morphometrischer Methoden” (https://hal.archives-ouvertes.fr/hal-00891546/document) an der neben R. Keller, H. Dolzmann auch Prof. Dr. agr. Kaspar Bienefeld gearbeitet hat, diese Aussage nicht gestützt, obwohl es sich bei der Belegstelle Oberhof, um eine topografisch günstig gelegene Belegstelle handelt. Das Ziel einer geschützten Belegstelle kann es doch nicht sein, eine derart unsichere Begattung zu erzeugen.

      Überdies ist selbst die inhaltliche Richtigkeit des Terminus “Umkreis”, welcher im Gesetz benutzt wird, falsch. Richtig hätte es Radius heißen müssen. Ein Umkreis, ist ein Kreis der durch alle Eckpunkte eines Polygons (Vielecks) geht. Alles in allem ein peinliches und undurchdachtes Gesetz, leider.

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