Zeidlerei & naturnahe Bienenhaltung

Die Zeidlerei
ein kulturhistorisches Handwerk kehrt zurück

In der Geschichte zwischen Mensch und Biene war die Zeidlerei der nächste Schritt, der auf den Honigraub (finden von Bienenhöhlen im Baum, hinaufklettern, Honig rauben) folgte. Die römischen Einflüsse, der Übergang zum Christentum und das Sesshaftwerden der Stämme veranlasste den Übergang vom einmaligen Ausbeuten zur geregelten Bienenhaltung.

Das Wort Zeideln stammt aus dem altdeutschen „zidal; abgel. excidere“ und bedeutet so viel wie „herausschneiden“ (von Waben). Das zeideln beinhaltet im Groben das Anlegen von Baumhöhlen oder Klotzbeuten zur Haltung von Bienen.

Obwohl auch römische Quellen über die germanische Rechtssprechung über Bienenfunde und -diebstahl berichten, ist davon auszugehen, dass das Wissen über die Zeidlerei hauptsächlich über und durch die slawischen Stämme eingeführt wurde. Neben sämtlichen Arten mittelalterlicher Waldnutzungsformen, stellte die Bienenweide eine besondere (ökonomische) Bewirtschaftungsform dar (Erlös: ca. 30fach im Vergleich zur Holznutzung). Honig, Wachs und Met waren akzeptierte Welthandelsgüter und brachten den damaligen Grundbesitzern hohe Einkünfte. So entstand mit dem Aufblühen des Mittelalters ein enormer Wirtschaftszweig, mit eigener Rechtssprechung und vielen Privilegien (z.B: Waffenrecht, Anrecht auf Hölzer im Wald, Tragen von Adelsfarben an der Zunftkleidung, …). Die Zeidlerei war in vielen Teilen Deutschlands vertreten, hatte aber einzelne Standorte (abhängig von Waldgebiet, Herrschaftsgebieten und vorhandenen Trachtangeboten), wo sie konzentriert vorkam. Hier wäre unter anderem: Nürnberger Reichswald, Mark Brandenburg, Muskau und Pommern, zu nennen.

Der Untergang der Zeidlerei ist verschiedenen Aspekten geschuldet (Reformation, Holznot, Einfuhr & Anbau von Zuckerrohr und -rüben, Dreißigjähriger Krieg, …) und beginnt mit ausgehendem Mittelalter von West nach Ost.

In der Ukraine, Weißrussland und Russland überlebte die historische Form der Zeidlerei. Dr. Hartmut Jungius und Dr. Przemek Nawrocki brachten im Rahmen des WWF das Wissen der Zeidlerei aus dem Nationalpark Shulgan Tash, im südlichen Ural gelegen, zurück nach Polen. Es entstand ein reger Austausch, der darin resultierte, dass in Polen bereits eine Dekade der Waldbienenhaltung und Forschung auf diesem Gebiet erreicht ist. Der Staatsforst und verschiedene Nationalparks haben sich dort diesem Thema angenommen und unterhalten für Touristen Zeidlerpfade, Museen und Ausstellungen. Verschiedene wissenschaftl. Institute untersuchen dort die Rückkehr der dunklen Biene in das Ökosystem Wald und viele Förster beschäftigen sich mit dem Thema der Trachtverbesserung in Ihren Revieren. Nachdem 2014 der erste Zeidlerkurs (außerhalb Polens) in Kriens bei Luzern erfolgte, fanden im Anschluss zahlreiche Kurse, vor allem auch in Deutschland, statt (oft in Kooperation mit den polnischen Zeidlern).

Seit dem ersten Zeidlerkurs 2014 im Steigerwald (bei Ebrach), wo im Rahmen des Kurses 5 Zeidelbäume und 8 Klotzbeuten gebaut wurden, sind in Deutschland und Europa viele Interessengruppen, Vereine, Wissenschaftler, Imker, Förster, etc. auf dieses Thema aufmerksam geworden und sind bemüht die Kultur und Technik dieses alten Kulturhandwerks zu ergründen, zu verstehen und wieder zu verbreiten. Es gibt inzwischen immer mehr Zeidlerinitiativen die als Ansprechpartner für Kurse, Veranstaltungen und Wissenstransfer stehen. In Berlin wurde bereits 2016 eine internationale Zeidlergemeinschaft gegründet (TBI), bei deren Gründung bereits Mitglieder aus 8 verschiedenen Ländern vertreten waren. Die Verbreitung des Wissens wie man Klotzbeuten baut verbreitete sich sehr schnell, es gibt verschiedene Standorte in Deutschland (z.Bsp.: Sabienenimkerei; Mellifera, Bienenbotschaft, …) wo jährlich Kurse stattfinden und die Teilnehmer ihre Beuten, Ihre neuen Erfahrungen und Kontakte mit in Ihre Heimat nehmen.

Die Bienenhaltung in der Zeidlerei orientiert sich am natürlichen Wesen der Biene und ihrer wilden Lebensweise im Wald. Durch das Anlegen der Baum- oder Klotzbeuten wird vom Zeidler lediglich eine natürlich entstandene Baumhöhlung nachgestellt, die dem Bienenvolk als Behausung dient.

Bäume, als Behausung, und das Ökosystem Wald, als Lebensraum, sind die zentralen Elemente in der Zeidlerei. Ein breiteres Nahrungsspektrum, geringere Klimaextreme, wenige Störfaktoren und weitgehender Verzicht auf Pestizide, das sind nur einige Beispiele welche die ökologischen Bedingungen in der Zeidlerei von der Imkerei unterscheiden. Auch in der Zeidlerei findet eine regelmäßige, jedoch deutlich seltener vorgenommene Kontrolle des Bienenvolkes statt, wozu der Zeidler seine Zeidelbäume im Wald aufsucht. Hierbei ist tendenziell alles das möglich, was auch in gewöhnlichen Beuten angewendet wird. Auch eine Honigernte durch Herausschneiden der Waben kann erfolgen, vorausgesetzt es wurde genügend eingelagert. In der Bewirtschaftung der Bienen liegt ein wesentlicher Unterschied zur imkerlichen Praxis: So wird z.B. das natürliche Schwarmverhalten der Bienen nicht unterdrückt (im Gegenteil, das Schwärmen ist essentiell in der Zeidlerei) weshalb eine natürliche Selektion überhaupt erst ermöglicht wird. Des Weiteren findet keine gerichtete Züchtung auf bestimmte Merkmale statt. Für die Überwinterung wird den Bienen ausreichend selbst eingelagerter Honig als Nahrung überlassen. Die Wabenanordnung innerhalb der Baumbeute ist so angeordnet, dass der Zeidler nur dort Honig entnimmt, wo die Bienen ihre Überschüsse einlagern. Es gilt zu untersuchen, inwieweit sich der höhere Dämmwert der dicken Holzbeuten, die Symbiose mit unzähligen anderen Organismen, die Höhe über dem Boden und das damit veränderte Mikroklima (Veränderung von Temperatur, Luftfeuchte, Pilzsporen, Licht, …) und viele andere Aspekte sich vorteilhaft auf die Biengesundheit auswirken.