Apis mellifera mellifera (LINNAEUS 1758)
Bedrohtes Wildtier und Kulturerbe zugleich
In den letzten Jahren hat in Europa und besonders auch in Deutschland die Aufmerksamkeit und das Interesse an Bienen deutlich zugenommen. Wer kennt nicht das Einstein zugeschriebene Zitat „Wenn die Biene stirbt, stirbt auch der Mensch“. Vielerorts engagieren sich Menschen vom Kindergartenkind bis zum Pensionär für den Erhalt von Lebensräumen für Wildbienen und auch das Interesse an der Haltung von Honigbienen hat quer durch die Bevölkerung deutlich zugenommen. Anwalt der Bienen ist längst nicht mehr nur der erwerbsorientierte Imker, sondern häufig auch der ökologisch bewusste Kleingärtner oder der Naturfreund von nebenan. Was vielen bei ihrem Engagement für die Bienen allerdings nicht bewusst ist: All die Maßnahmen fördern eine Biene, die ursprünglich in Deutschland nicht heimisch war. Die eigentliche heimische Biene, die Dunkle Europäische Honigbiene (Apis mellifera mellifera), wurde in Deutschland ausgerottet. Wie kam es dazu?
Ein Blick zurück
Während der letzten Eiszeit gab es nördlich der Alpen keine Honigbienen, da ihnen die Lebensgrundlage fehlte.
Nach der letzten Eiszeit besiedelte die Dunkle Biene das ganze Gebiet nördlich der Alpen von den Pyrenäen bis zum Ural. Sie hat sich während einer langen Besiedlungsgeschichte sehr unterschiedlichen Klima- und Trachtgebieten angepasst. lm Laufe der Zeit entstanden ortstypische Stämme, wie z. B. die Heidebiene (A. m. m. lehzeni) in Norddeutschland und die Waldbiene (A. m. m. silvarum) von Polen bis zum Ural. In der Schweiz entstand die Alpenbiene, (A. m. m. nigra). Auswanderer nahmen Dunkle Bienen in sämtliche gemäßigten Zonen der neuen Welt mit. Damit erreichte die Dunkle Biene um 1850 ihre grösste Verbreitung. (Quelle Bild und Text: mellifera.ch)
Vor etwa 8.000 Jahren begann sich das Klima zu erwärmen und die Blütenpflanzen breiteten sich nach Norden und Osten aus. Mit den Wäldern gelangte die Dunkle Biene nach Norden. Somit war die sie im Gebiet nördlich der Alpen die einzige autochthone Honigbiene. Sie konnte sich über Jahrtausende perfekt an das hier herrschende Klima anpassen. Eigenschaften, die aus dieser Anpassung resultieren, sind beispielsweise große Kälteresistenz, ausgeprägte Flugkraft – auch bei windigem Wetter – sowie die Fähigkeit, den Brutzyklus schnell den jeweiligen Trachtverhältnissen anzupassen.
Die Dunkle Biene war folglich auch die Biene, mit der die Imkerei in Deutschland ihren Anfang nahm. Zunächst als Waldbienenzucht (Zeidelwesen), danach auch als Hausbienenzucht in Klotzbeuten oder Stroh- bzw. Weidenkörben. Diese Situation bestand bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Die wilde Dunkle Honigbiene wurde in Deutschland bis spätestens 1700 durch ständige Entnahme des Honigs und der Völker ausgerottet. Auch für die Völker in Imkerhand kam es ab ungefähr 1850 zu drastischen Veränderungen. So wurden Bienenunterarten wie Carnica, Ligustica und weitere aus anderen Ländern eingeführt. Infolgedessen kam es zu einer massiven Hybridisierung der einheimischen Bienenpopulation, weshalb Prof. Dr. Zander 1909 die organisierte Zucht der Dunklen Biene aufnahm. Diese wurde bis etwa 1960 in Deutschland fortgeführt. Schließlich führte die ertragsorientierte Ausrichtung der Imkerei in der Nachkriegszeit zur Abwendung von unserer einheimischen Biene, hin zur damals geringfügig leistungsfähigeren Carnica. Die Dunkle Biene in Imkerhand wurde schließlich wegen ein paar Kilo Honig in Deutschland vollkommen ausgelöscht.
Mithilfe von Königinnen aus Restbeständen in anderen Ländern, konnte die Zucht in Deutschland wieder fortgeführt werden. Die heutigen Betriebsweisen machen es auch mit der Dunklen Biene möglich, konkurrenzfähige Erträge zu erwirtschaften.
Ein Blick nach vorn
An den Rändern Europas haben sich bis heute nachweislich reine Bestände der Apis mellifera mellifera erhalten. Dazu gehören z.B. Populationen in Skandinavien, auf den Britischen Inseln, in Frankreich, der Schweiz, in Polen aber auch im Baltikum und in Russland. Es gibt inzwischen in den meisten europäischen Staaten Bestrebungen, diese Populationen zu erhalten, die Dunkle Biene wieder bekannt zu machen und sie auch in der Imkerei zu reetablieren. Einige ihrer über Jahrtausende erworbenen einzigartigen Eigenschaften könnten dazu beitragen, dass genau diese Bienen mit den aktuellen ökologischen Herausforderungen besser zurechtkommen, als andere auf Leistung hoch- und ingezüchtete Bienen. Wir wissen noch nicht sicher, ob dem so ist; aber wir sollten die Chance nutzen, es herauszufinden. Eine größere genetische Bandbreite hat in der Geschichte noch immer zum Erhalt einer Spezies beigetragen. Aus diesem Grund, haben sich im Bundesverband Dunkle Biene Deutschland e.V. eine Reihe von Imkern zusammengeschlossen, die den Erhalt, die Zucht und die Wiederansiedlung der Dunklen Europäischen Honigbiene in Deutschland begleiten möchten.
Wenn Sie Interesse haben, unser Anliegen zu unterstützen oder einfach mehr über unsere einheimischen Bienen erfahren möchten, dann zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.